Kim Raisin

CIO Kim Felix Fomm von Raisin über die großen Fintech Trends und wie man sein Geld am besten anlegt

„Geldanlage ist für viele Menschen wie die Büchse der Pandora, die man nur mit Spezialwissen öffnen kann. Dabei ist investieren eigentlich ziemlich einfach.“

Chief Investment Officer Kim Felix Fomm baut gerade das Produktportfolio von Raisin/Weltsparen weiter aus. Er spricht mit uns über die großen Trends im Fintech Bereich, die zentrale Rolle von Kooperationen mit Banken und verrät uns ganz nebenbei worauf es bei Investments ankommt.

Ende 2019 hast du als Chief Investment Officer eine neue Stelle bei Raisin angetreten. Was hat dich an Raisin besonders begeistert?

Für meinen Wechsel zu Raisin/Weltsparen waren zwei Dinge ausschlaggebend. Zum einen ging es mir um Team und Unternehmenskultur. Die Raisin-Gründer arbeiten von Beginn an mit der gleichen Aufgabenteilung zusammen – eine erfreuliche Besonderheit in der Start-up-Welt. Dieser vorgelebte Zusammenhalt und der klare Fokus auf ein positives Arbeitsklima, Team-Fit und gute Entwicklungsmöglichkeiten spiegeln sich im gesamten Unternehmen wider. Die Gründer haben immer viel Augenmerk auf diese vermeintlich weichen Faktoren gelegt, in meinen Augen ist das ein großer Unterschied zu vielen anderen Unternehmen.

Zum anderen habe ich auf das Geschäftsmodell geschaut. Was kann sich trotz bereits erzielter Erfolge noch entwickeln? Die ersten Produkte, Tages- und Festgelder, wirken auf den ersten Blick vielleicht etwas langweilig. Sie sind jedoch sehr einfach zu verstehen und bieten Menschen eine verlässliche Orientierung auf der Suche nach einem renditestärkeren Anlagemodell. Mit den später hinzugekommenen Angebot an Investment- und Vorsorgeprodukten haben wir ein umfangreiches Portfolio an Geldanlageprodukten, das wir weiter ausbauen. Mein Job ist die Integration und Weiterentwicklung dieser neuen Produkte.

Davor warst du bei Liqid in der Geschäftsführung. Dadurch kann man dich als Insider im Bereich der Investment-Startups bezeichnen. Welche Trends hast du in den letzten 24 Monaten beobachtet?

Ich sehe im Moment zwei wesentliche Trends, die beide die Zusammenarbeit mit anderen Unternehmen betreffen. Durch Kooperationen lässt sich der Kundennutzen bei beiden Kooperationspartnern stärken. Das betrifft die Kooperationen zwischen traditionellen Finanzdienstleistern und den oft als Angreifern bezeichneten Finanz- oder Investment-Start-ups. Immer mehr Banken gehen heute mit Fintechs Kooperationen ein. Raisin ist hier Vorreiter und hat bereits rund einhundert Partnerbanken gewonnen. In Deutschland sind das beispielsweise die Commerzbank oder die Hypovereinsbank. Wir haben zudem Kooperationen mit vielen Sparkassen und Genossenschaftsbanken. In unseren anderen europäischen Märkten gehen wir genauso vor. In Großbritannien ist beispielsweise gerade unsere Kooperation mit AJ Bell als White-Label-Lösung für ihren Cash Savings Hub gestartet, ein FTSE250-Unternehmen. Gerade im internationalen Geschäft kommen noch viele weitere Partner dazu.

Ein etwas jüngerer Trend, den ich sehe, sind Kooperationen von Fintechs untereinander. Raisin ist auch hier vorn mit dabei und kooperiert schon seit 2017 mit anderen großen FinTechs wie N26. Ich gehe davon aus, dass sich dieser Trend in Zukunft verstärkt fortsetzen wird.

Worauf ich noch warte, ist eine Marktkonsolidierung bei den Robo Advisors. Es gibt mittlerweile über vierzig Anbieter in Deutschland. Die meisten davon sind meiner Meinung nach zu klein, um langfristig ein wettbewerbsfähiges Angebot für ihre Kunden bieten zu können.

Inwiefern hat Covid-19 den Markt verändert?

Der Markt wurde in meinen Augen durch Covid nicht merklich verändert. Aber es gibt natürlich veränderte Ansichten auf Kundenseite. Der große Einbruch gleich zu Beginn der Krise hat verständlicherweise viele Anleger verunsichert. Da ging es an den Kapitalmärkten ordentlich runter, damit natürlich auch bei unseren ETF-Portfolios. Die Märkte haben sich jedoch unerwartet schnell wieder erholt. Daher haben aktiv investierende Teilnehmer – viele Banken und Fondsanbieter sowie manche Robo Advisor – meist schlechte Ergebnisse erzielt. Geldanlagen im Kapitalmarkt sind langfristige Anlageformen, die sich auf lange Sicht bislang immer positiv entwickelt haben. Sinnvoll ist es daher, möglichst breit zu diversifizieren und können da je nach Lebenslage praktische Angebote mit Tages- und Festgeldern, ETFs und Altersvorsorge machen.

Was sich stark verändert hat, ist die Art, wie wir zusammenarbeiten, im Team aber auch in der Zusammenarbeit mit anderen Unternehmen. Der Großteil unserer Belegschaft arbeitet seit März dieses Jahres aus dem Homeoffice. Das startete von einem Tag auf den anderen. Obwohl wir vorher schon erfahren waren und glücklicherweise über eine passende technische Infrastruktur verfügen, mussten auch wir da noch einiges lernen. Die berühmten Zufallsbegegnungen in der Kaffeeküche sind uns etwas abhanden gekommen. Das müssen wir jetzt über neue Prozesse auffangen. Alles in allem funktioniert das „new Normal“ ausgesprochen gut. Die allgegenwärtige Homeoffice-Situation kann meiner Meinung nach noch erhebliche Veränderungen nach sich ziehen. Die Politik hat das Thema jetzt auch wiederentdeckt. Wenn es bei höheren Homeoffice-Quoten bleibt, könnten wir bei Wohnimmobilien in Städten und generell bei Gewerbeimmobilien ein Ende der Preisrallye sehen. Wie nachhaltig die Änderungen in unserer Arbeitswelt tatsächlich sind, wird sich noch herausstellen.

Erst vor Kurzem gab Bitpanda eine beeindruckende Finanzierungsrunde mit Peter Thiel als Investor bekannt. Auch Raisin sammelte im vergangenen Jahr 125 Millionen Euro an Investorengeldern ein. Wie erklärt sich für dich das starke Interesse an Fintechs?

Neben dem Gründer-Team sind Marktgröße, Einstiegsbarrieren und Skalierbarkeit die wichtigsten Faktoren für Investoren. Daher kamen die ersten großen Innovationen in globalen Märkten, in denen Angebote gut skalierbar sind, beispielsweise Software, eCommerce, Suchmaschinen und soziale Netzwerke. Fintechs sind noch eine verhältnismäßig junge Entwicklung. Durch die gesetzliche Regulierung bestehen hohe Einstiegsbarrieren und zum Teil Hindernisse für die Skalierbarkeit. Dafür sind die Märkte riesig und zumindest innerhalb von Rechtsräumen sehr gut skalierbar.

Außerdem hat jeder einzelne von uns mit dem Thema Finanzen Berührung, ob wir es wollen oder nicht. Vermutlich hat jeder von uns eine Bank, ein Konto, nutzt Online-Zahldienste und verschiedene Finanz- oder Versicherungsdienstleistungen. Der Blick auf das Geldvermögen der deutschen privaten Haushalte offenbart eine Summe von über 6.337,2 Milliarden Euro zum Ende des ersten Quartals 2020. Diese Dimensionen zeigen das Potenzial dieser Branche. Völlig klar, dass es sich hier um ein sehr renditeträchtiges Investitionsfeld handelt. Das zeigen auch die Umsatzvolumen. Raisin hat beispielsweise seit dem Launch 2013 Anlagen in Höhe von mehr als 26,5 Milliarden Euro vermittelt.

Durch den starken technologischen Ansatz entsteht für Kunden zusätzlicher Nutzen. Bislang eher lokal orientierte Finanzangebote lassen sich international skalieren. Die Produkte werden einfacher und besser verständlich, sind breit verfügbar, passen besser zu den Bedürfnissen der Kunden und sind am Ende sogar günstiger als Produkte, die es in der Vergangenheit gab. Selbst das Papier mit händischer Unterschrift ist heute in einem voll digitalisierten Prozess nicht mehr notwendig, wodurch viel Zeit und zusätzlichen Verwaltungsaufwand eingespart wird.

Jetzt mal was ganz anderes: Stell dir vor, du wärst auf einer WG-Party. Das Gespräch geht in Richtung Investments. Welche Tipps würdest du einem Anfänger geben?

Nach meiner Erfahrung ist Geldanlage für viele Menschen wie die Büchse der Pandora, die man nur mit Spezialwissen öffnen kann. Dabei ist investieren eigentlich ziemlich einfach. Grundsätzlich sollte man sich fragen, welche Risiken man eingehen möchte. Hohe Renditepotenziale gehen meistens mit höheren Risiken einher. Jeder von uns hat schon traurige Geschichten gehört, zum Beispiel über geschlossene Fonds, die in nur eine Immobilie investieren und mit hohen Gebühren belastet werden. Mit solchen Angeboten haben Anleger viel Geld verloren. Diese Geschichten machen vielen Angst. Es ist auch nicht das, was ich empfehlen würde. Ganz im Gegenteil, niemals nur auf eine Karte setzen! Das Stichwort lautet Diversifikation, um das Risiko möglichst breit zu verteilen. Hier haben sich in meinen Augen passive ETFs bewährt, wie Raisin sie anbietet. Das Produkt ist global diversifiziert und extrem einfach zu „bedienen“. Anfangen kann man mit einem Sparplan bereits ab 50 Euro im Monat. Einfacher geht es kaum und die Renditeerwartung beträgt bis zu 7,5 Prozent pro Jahr nach Abzug aller Kosten.

Und jetzt das Allerwichtigste: Warum sollte der Anleger über Raisin seine Investments tätigen?

Raisin bietet Anlegern sehr einfache, ehrliche und kostengünstige Angebote. Diese landen in Tests von Verbraucherschützern immer wieder auf den vorderen Plätzen oder gehen sogar als Sieger hervor. Seit etwas mehr als zwei Jahren gibt es WeltInvest. Im Zeitraum Juli 2018 bis Juli 2020 erzielten die ETF-Portfolios mit einem ausgeglichenen Verhältnis von 50 Prozent Aktien und 50 Prozent Anleihen eine Rendite von 8,6 Prozent und damit mehr viele andere Anbieter, wie ein Echtgeld-Test von Brokervergleich ermittelte.

Unsere vier WeltInvest ETFs kommen zudem mit sehr günstigen Gebühren, die eben nicht die Rendite direkt wieder auffressen – das sind 0,33 Prozent WeltInvest-Kosten im Jahr zuzüglich jährlich 0,15 Prozent Drittkosten für ETFs und Indexfonds.

Wo sammelst du Inspiration? Welche Bücher in Bezug auf Geldanlage liest du immer wieder aufs Neue?

Ich lese lieber neue Bücher statt immer wieder die alten zu wälzen. Es gibt jedoch ein paar Finanz-Klassiker, die ich jedem Interessierten empfehlen würde: A Random Walk Down Wall Street von Burton Malkiel, Irrational Exuberance von Robert Shiller und This Time is Different von Reinhart und Rogoff. Außerdem interessiere ich mich sehr für Wirtschaftsgeschichte, die vor allem nach dem Versagen volkswirtschaftlicher Modelle auch in der VWL gerade ein Revival erlebt. Empfehlen würde ich für Finanzkrisen Manias, Panics, and Crashes von Charles Kindleberger, das regelmäßig aktualisiert wird. Persönlich interessant finde ich Der Aufstieg des Geldes und Die Geschichte der Rothschilds von Niall Ferguson. Das Kapital im 21. Jahrhundert von Piketty schätze ich als hervorragende Datenarbeit zur Vermögensverteilung, die sehr gute Denkanstöße über Verteilungsgerechtigkeit bietet. Die von ihm formulierten Gesetze sind allerdings wissenschaftlich nicht haltbar. Über den Finanzhorizont hinaus haben mir zuletzt die Bücher von Yuval Harari besonders gefallen, da sie eine komplett andere Perspektive auf viele aktuelle Themen bieten.

Viel Inspiration kommt zudem aus meinem Team, das immer wieder großartige Ideen entwickelt. Da kommen sehr unterschiedliche Erfahrungshintergründe und Ideen zusammen. Wir wollen möglichst optimale Produkte für unsere Kunden entwickeln, die wir guten Gewissens unserer Familie und unseren Freunden empfehlen können – und in die wir selbst investieren. Das macht Spaß und unsere Ergebnisse können sich sehen lassen.

Letzte Frage: Welchen Tipp würdest du angehenden Fintech-Gründern geben?

In meinen Augen ist es eine große Herausforderung, sich nicht zu verzetteln – also, zu viele Dinge gleichzeitig anzufangen und dadurch den Fokus zu verlieren. Dazu gehört Klarheit über das eigene Ziel und idealerweise auch ein Team, dass sich gegenseitig ergänzt und zu Höchstleistungen bereit ist. Das Gründungsteam ist für mich tatsächlich wichtiger als der konkrete Markt oder die Idee.

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